Dagmar Klose: Klios Kinder und Geschichtslernen heute. Eine entwicklungspsychologisch orientierte konstruktivistische Didaktik der Geschichte. 252 S., Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2004.

 

Der Titel des Buches von Dagmar Klose könnte ein Missverständnis hervorrufen, das gleich zu Anfang behoben sei: Bei ihrer Darstellung handelt es sich nicht um eine systematisch durchgearbeitete, theoriegeleitete Verschränkung von didaktischem Konstruktivismus und Entwicklungspsychologie. Vielmehr bietet die Autorin ein buntes Kaleidoskop aus geschichtstheoretischen Überlegungen, der Präsentation didaktischer und lernpsychologischer Ansätze, weiser Zitate, Fragen zum Textverständnis, Lesetipps und Unterrichtsvorschlägen. Gedacht ist das Buch als Werk aus der Praxis für die Praxis – LehrerInnen sollen Anregungen dazu erhalten, einen altersangemessenen Geschichtsunterricht durchzuführen, der im Sinne des Konstruktivismus den SchülerInnen die Formung bzw. Konstruktion ihrer eigenen Vorstellung von Geschichte erlaubt. Im Gegensatz zu einem radikalen Konstruktivismus, der leicht in die relativistische Beliebigkeit der Geschichtskonstruktion abgleiten kann, plädiert Klose allerdings für einen gemäßigten, von ihr als genetisch bezeichneten Konstruktivismus (S. 222), der anders als die radikale Variante nicht einem Primat der Innenwelt des historischen Erlebens verfällt, sondern dem Umstand Rechnung trägt, dass Geschichtsbilder sich an äußeren, letztlich aus den Quellen entstehenden Kriterien messen lassen müssen. Diese von Reinhart Koselleck einst in der griffigen Formel vom "Vetorecht der Quellen" zusammengefasste Konstellation eröffnet dem Geschichtsunterricht die Möglichkeit, einen "Wechsel von Konstruktion und Instruktion" (S. 245) zu erreichen, der die Lehrpersonen steuernd den historischen Erkenntnisprozess der Schülerinnen und Schüler begleiten lässt. In Verbindung mit den Ergebnissen der Lernpsychologie, der Forschungen zur Entwicklung des Geschichtsbewusstseins bei Kindern und der inhaltlichen Ziele der Beschäftigung mit Geschichte soll ein Unterricht möglich werden, der Fachwissenschaft, angemessene Erschließungskategorien und eine altersspezifische Anwendung didaktischer Prinzipien verbindet.
Um hinter den Konturen ihrer Argumentation die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten ihrer Überlegungen im Unterricht zu verdeutlichen, bietet Klose eine Vielzahl von Praxisbeispielen, Schaubildern und Unterrichtsanregungen. Allerdings werden gerade die Aufgabenvorschläge und Graphiken nicht immer eng in den Text integriert, so dass es Schwierigkeiten bereiten kann, die Verbindung von Text und Materialien herzustellen. Doch vielleicht ist dies als Herausforderung gedacht, den moderaten Konstruktivismus im eigenen Lernvorgang zu ergründen.

 

Darmstadt, Detlev Mares

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