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Detlef Kurth: Strategien der präventiven Stadterneuerung. Weiterentwicklung von Strategien der Sanierung, des Stadtumbaus und der Sozialen Stadt zu einem Konzept der Stadtpflege für Berlin. 240 S., Institut für Raumplanung Universität Dortmund, Dortmund 2004.
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Von jeher wurde mit Stadterneuerung das Ziel verknüpft, soziale Problemlagen zu beseitigen. In Kombination mit Problemen, die sich aus der Schrumpfung von Städten ergeben, ist dieses Phänomen in der Bundesrepublik jedoch neu. Vor diesem Hintergrund hat sich die Bekämpfung sozialer Segregation und Polarisierung zum wichtigsten Handlungsfeld der Stadterneuerung entwickelt. In seiner Arbeit stellt Kurth die Frage, ob das bisherige Instrumentarium der Stadterneuerung in diesem Zusammenhang angemessen und wirksam ist. Er plädiert für die Erweiterung der Stadterneuerung um präventive Maßnahmen, das heißt die Einbeziehung solcher Stadtteile, die nicht im engeren Sinne als "Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf" gelten. Für dieses Konzept führt er den Namen "Stadtpflege" ein (S. 15).
Das Buch beginnt mit einer Darstellung der historischen Entwicklung der Stadterneuerung in Deutschland seit dem 2. Weltkrieg. Kurth skizziert den Wandel der Leitbilder von baulichen zu sozialen Maßnahmen bis hin zur sozial-integrativen Stadterneuerung des Bund-Länder Programms „Soziale Stadt“. Daneben besteht die bauliche Erneuerung ("Sanierung") weiter fort, während in den neuen Bundesländern die städtebauliche Anpassung an Schrumpfungsprozesse wichtiger wird ("Stadtumbau"). Der Autor kritisiert zum einen die räumliche Konzentration dieser Strategien als punktuelle und wenig koordinierte Maßnahmen, zum anderen ihre Beschränkung auf bereits bestehende Problemlagen als nachholende Erneuerung. Dem stellt Kurth das an das niederländische "Stedelijk Beheer" angelehnte Konzept der Pflege gegenüber. Im Sinne der Nachhaltigkeit müssten Bebauung und soziale Netzwerke instand gehalten werden, um sozialer Segregation entgegen zu wirken ("Quartierspflege"). Mit der Ausweitung der in die Erneuerung ein zu beziehenden städtischen Gebiete betrifft die Pflege über so genannte soziale Brennpunkte hinaus die ganze Stadt. Als gesamtstädtisches Konzept soll "Stadtpflege" die verschiedenen Erneuerungsstrategien (Sanierung, Soziale Stadt, Stadtumbau und Quartierspflege) bündeln und Kontinuität herstellen. Im zweiten Teil der Arbeit werden diese Überlegungen am Beispiel Berlins nachgezeichnet, das Kurth auf Grund der Diversität als "Laboratorium unterschiedlicher Erneuerungsstrategien" (S. 222) bezeichnet.
Durch die gesamte Arbeit hindurch konzipiert Kurth die "Stadtpflege" im Gegensatz zu problemorientierten Ansätzen bisheriger Erneuerungsstrategien. An Stelle der Fixierung auf die Beseitigung bestehender Probleme setzt er die Formulierung von Zielvorstellungen als Ausgangspunkt für weiter gehende Maßnahmen. Es gelingt ihm, "Stadtpflege" als positives, durch Betonung der Chancen definiertes Konzept einzuführen, das die Möglichkeit eröffnet, die unterschiedlichen Stadterneuerungsstrategien in einen langfristig angelegten "Stadtpflegeplan" zu integrieren.
Die Möglichkeiten der "Stadtpflege" lassen sich dabei in erster Linie aus der Kritik, die Kurth an der bisherigen Praxis der Stadterneuerung übt, herauslesen, weniger aus der verhältnismäßig knappen Beschreibung des Konzepts selber. Ein Großteil der Darstellung kann daher als Zustandsbeschreibung bezeichnet werden. Zudem wird trotz hilfreicher Begriffsdefinitionen in der Einleitung (S. 20ff.), die die vielschichtigen Konnotationen der im Zusammenhang mit Stadterneuerung verwendeten Begriffe entschlüsseln, die Bedeutung von "Quartierspflege" im Verhältnis zu "Stadtpflege" als zentrales Begriffspaar erst am Ende des Buches deutlich (S. 203). Als Informationsquelle über die aktuelle Praxis der Stadterneuerung eignet sich das Buch jedoch hervorragend. Es ist übersichtlich strukturiert, klar formuliert und insgesamt gut lesbar.
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Düsseldorf, Sebastian Haumann
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